Nachrichten, Bankgeschäfte, Behördengänge: Die analoge Welt wird digital, die Zahl der Webseiten steigt. Im Januar 2015 waren fast 16 Millionen .de-Domains in Deutschland registriert. Und die Seiten werden aufwändiger. Für diesen Datenverkehr brauchen wir schnelles Internet. Dafür wird seit Jahren das Breitbandnetz ausgebaut. Im Jahr 2009 verfügten knapp 70 Prozent der Haushalte in Deutschland über einen Zugang zum Breitband, heute sind es über 90 Prozent.

Insgesamt hat sich die Situation in Deutschland verbessert:

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Der Anteil der Haushalte mit einem Breitbandanschluss hat in den vergangenen fünf Jahren zugenommen. Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern schneiden im Jahr 2014 am schlechtesten ab. Hier haben weniger als 70 Prozent der Haushalte Anschluss an das schnelle Netz (Quelle: Eurostat)

 

Christian Heise

Das Internet sollte überall fließen wie Wasser und Strom, fordert Christian Heise von der Open Knowledge Foundation Deutschland

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zeigt sich mit der Entwicklung in der Bundesrepublik zufrieden: „Deutschland hat in Europa mit die höchste Dynamik beim Breitbandausbau.“ Christian Heise von der Open Knowledge Foundation Deutschland hält dagegen: „Wenn sich auf dem Gebiet der digitalen Infrastruktur nicht mehr tut, wird Deutschland nie eine digitale Gesellschaft werden.“ Für den 31-Jährigen ist klar, dass auf der Strecke bleibt, wer keinen Zugang zum schnellen Internet hat. „Auf diese Weise werden Menschen von gesellschaftlichen Entwicklungen abgehängt. Das kann nicht im Interesse des Staates liegen,“ sagt der Netzaktivist.

Ein Blick in den aktuellen Breitbandatlas des BMVI zeigt, dass das Gefälle zwischen Stadt und Land besonders groß ist. Während in Berlin-Mitte über 95 Prozent der Haushalte über eine Bandbreite von 16 Mbit verfügen, sind es im nur 30 Kilometer entfernten Werneuchen in Brandenburg weniger als 50 Prozent. Und 16 Mbit sind nicht viel: Wer in guter Qualität skypen oder einen Film streamen möchte, bekommt da schon Probleme.

Löwenstedt in Schleswig-Holstein hatte solche Probleme. Hier leben 650 Menschen. Bis zum Frühjahr 2014 surften die mit 375 Kilobit pro Sekunde. So dauerte es über eine halbe Minute, die wenig aufwändige Startseite der Deutschen Telekom zu laden. Weil die Häuser der Gemeinde zu weit auseinander stehen, wollte der Konzern nur eine Leitung in den Ortskern legen und die Anwohner von dort aus mit veralteten Kupferdrähten versorgen. Doch damit hätte keiner skypen, Fotos uploaden oder Serien im Streaming anschauen können.

Landwirt Holger Jensen bei der Arbeit.

In Löwenstedt fließt das Internet ganz schön flott – dank BBNG und Holger Jensen (Foto: BBNG)

„Wir werden hier immer so ein bisschen vergessen,“ sagt Holger Jensen, ehrenamtlicher Bürgermeister der Löwenstedter. „Da haben wir uns selber Hilfe geholt.“ Jensen ist eigentlich Landwirt, einer, dessen Telefonnummer noch dreistellig ist. Ihm und den anderen Löwenstedtern half die BürgerBreitbandNetz GmbH (BBNG), die die Gemeinde Löwenstedt als Pilotprojekt auswählte. Die BBNG ist eine privatwirtschaftliche Bürgerinitiative, die das Breitbandnetz in die ländlichen Regionen von Schleswig-Holstein bringen will. An ihrem schnellen Internet beteiligten sich die Löwenstedter mit 1.000 Euro pro Haushalt. Das restliche Geld stellten die Gesellschafter der BBNG bereit. So kamen im Jahr 2012 ganze 800.000 Euro zusammen. Genug um der Glasfaser den Weg nach Löwenstedt zu ebnen. Die BBNG verlegte ein neues Kabel in den Ort und errichtete einen eigenen Verteilerkasten. Von hier saust das Internet über neue Glasfaserkabel direkt in die Haushalte. Im März 2014 war schließlich alles fertig. 94 Prozent der Löwenstedter sind nun Kunden der BBNG. Die alten Kupferdrähte der Telekom liegen zwar noch in der Erde, haben für die meisten aber ausgedient. Das Dorf rast jetzt 133 Mal schneller durchs Netz als vorher. Mit 50 Megabit pro Sekunde – ein Wert, den so manche größere Stadt nicht erreicht.

 Löwenstedt gleicht einer Internetoase:

Löwenstedt in Schleswig-Holstein.

Ausschnitt aus dem Breitbandatlas 2015 des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

Aber was ist mit all den anderen Dörfern und Städten, in denen der schnelle Datenverkehr noch nicht klappt? In Deutschland ist der Netzausbau Sache privater Unternehmen. Und die haben kein Interesse daran, teure Glasfaserkabel in bevölkerungsarme Regionen zu verlegen. Nach Angaben der Telekom kostet ein Kilometer Glasfaserkabel 70.000 Euro. Netzaktivist Heise fordert daher von der Politik, den Ausbau stärker voranzutreiben: „Netzpolitik ist in Deutschland unsexy. Nicht jeder hat verstanden, dass in jedem Haus nicht nur Wasser, sondern auch das Internet schnell fließen muss.“